Es ist ein Dilemma. Mountainbike boomt. Alle wollen raus. In den Wald. Auf die Gipfel. Doch während sich allerorts Asphalt und Beton über das Land ergießt, ist die Infrastruktur für Biker mehr als mau. Die wenigen Hotspots sind chronisch überlaufen. Das Ausweichen in weniger frequentierte Gebiete scheitert am Mangel an geeigneten Trails.
Man muss sich nicht wundern, dass so mancher Local in seiner Verzweiflung auch mal selbst zum Spaten greift, um Sprünge zu bauen oder Anlieger-Kurven. Selbst Initiativen von Vereinen oder Verbänden, legale Trails zu schaffen, werden von den zuständigen Behörden in den meisten Fällen rigoros blockiert. Schlimmer noch: Mountainbiker werden mancherorts bekämpft wie Umweltschädlinge.
Geht es um touristische und damit kommerzielle Interessen, sieht die Sache etwas anders aus. Besonders im Alpenraum wurden in den letzten Jahren zahlreiche Wintersportorte zu wahren MTB-Paradiesen umgestaltet. Wenn die Kassen klingeln sollen, ist vieles möglich. Einfache, kommerzfreie Mountainbike-Oasen, die rein dem Spaß und der Erholung dienen, lassen sich nur zäh realisieren. Wenn überhaupt.
Dass der Traum vom lokalen MTB-Spot Realität werden kann, zeigt ein aktuelles Beispiel aus der Westpfalz. Vor drei Jahren entdeckten zwei Teenie-Biker das Gelände einer ehemaligen Sandgrube am Rand des kleinen Örtchens Schönenberg-Kübelberg. Eine Gelände-Kuhle von der Größe eines Sportstadions, umgeben von Steilwänden und Wald. Die beiden kannten die Videos von der Red Bull Rampage, bei der sich die todesmutigsten Freerider der Welt Pisten hinunterschanzen, die sie in den Tagen vor dem Showdown selbst in den Hang modellierten.
Im Schutz der Bäume fingen die Teenies an, sich ihr eigenes Mountainbike-Traumland zu erschaffen. Das sprach sich natürlich in der örtlichen Szene rum. Bald schon tobten ganze Grüppchen über die gebauten Tables und Rampen. Als dann im vergangenen Frühjahr mit Beginn der Pandemie der große MTB-Boom losbrach, schien das Ganze außer Kontrolle zu geraten. Der Spot wurde förmlich überrannt. Nicht nur des Jumpens kundige Biker kamen, sondern auch Familien samt Kleinkindern auf Laufrädern. Die Clique, die den Szene-Treffpunkt einst geschaffen hatte, machte sich ernste Sorgen. Der kleine Bikepark war zwar von der Gemeinde geduldet. Was aber, wenn ein schlimmer Sturz passiert? Wer haftet dann?
Sie entschlossen sich, das nahezu Unmögliche zumindest zu versuchen: Aus den illegalen Strecken in der Sandgrube sollte ein behördlich genehmigter MTB-Park werden. Voller Enthusiasmus arbeiteten die Kids und Jugendlichen eine Präsentation aus, die sie dem Bürgermeister sowie den im Gemeinderat vertretenen Parteien zeigten. Gleichzeitig starteten sie eine Unterschriften-Aktion und parallel eine Online-Petition: „Ja, zum Bikepark Schönenberg-Kübelberg“.
Das Echo war gewaltig. Der Bürgermeister sagte seine Unterstützung zu. Und so kam das Vorhaben in die Gänge. Zwar gab es auch Gegner des Projekts und zahlreiche andere Hürden. Doch im März konnte mit dem Bau begonnen werden. Auch dank der großzügigen Spende eines Sponsors. Bis zur offiziellen Einweihung des Spots im Sommer sollen verschiedene kurze Abfahrts-Strecken, ein Rund-Trail, ein Pumptrack sowie Lines mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden entstehen. Alles gespickt mit Anliegern, Tables, Drops und Northshore-Elementen. Kein typischer Downhill-Park. Was aufgrund des relativ flachen Geländes auch gar nicht möglich ist. Sondern eine Art Spielplatz für Mountainbiker, der allen was bietet.
Die große Reportage zum Bikepark, die wir im Rahmen unser Kampagne „Love Trails – Respect Rules“ präsentieren, lesen Sie in BIKE 6/2021. Die Fotogalerie vom Start der Bauarbeiten gibt es hier.